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Alien ­ Die Wiedergeburt

Ansichten eines Klons: In Jean-Pierre Jeunets delikater Fortsetzung der "Alien" -Saga wird Lt. Ellen Ripley alias Sigourney Weaver richtig böse und gibt den Monstern Saures.

Nachdem beim letzten Treffen gerade anderthalb Exemplare ihre häßlichen Häupter reckten, herrscht jetzt wieder Alien-Getümmel. Manche bersten aus alter Gewohnheit noch durch Schädeldecken und Brustkörbe, die neue Generation kann tauchen, Säure spucken, aufrecht gehen, Mutationen gebären. Nichts aber bereitet uns auf ihren ersten Auftritt vor: Eingesperrt von Forschern und Militärs, die wie dumme Karikaturen antreten und diese klugen Kreaturen domestizieren wollen, könnten sie einem fast leid tun. Doch da sei ihr bewährter Killerinstinkt vor. Schreck leg nach! Und nur gut, daß mit dem Leben des ersten Wissenschaftlers auch gleich der Verdacht ausgelöscht wird, Regisseur Jean-Pierre Jeunet habe die existentialistischste aller SF-Serien ausgerechnet mit skurrilem Humor reanimieren wollen.

Vielmehr scheint "Alien ­ Die Wiedergeburt" eine These zu untermauern, die Lieutenant Ellen Ripley am Ende von "Alien 3" in den Opfertod trieb: Menschen sind die wahren Bestien. Immer wieder verleiht die famose Frau, die in den vergangenen 18 Kino-Jahren wuchs, litt und abhärtete wie keine andere Serienfigur, ihrer Abscheu für die eigene Rasse Ausdruck. Gezüchtete Wut. Löst doch das fintenreiche, fatalistische Skript von Joss Whedon das Problem von Ripleys Neugeburt mit der Prämisse,daß es nach 200 Jahren gelungen sei, aus der DNA der Toten ein Dutzend Klone zu gewinnen. Sie selbst ein Alien, ein Abfallprodukt der Genetik, schmerzresistent, mit Blut wie Batteriesäure.

So kann Ripley (Sigourney Weaver), die jede Form von Furcht abgelegt hat, nur zynisch lachen, als sie erfährt, daß sie mit alten Bekannten und neuen Lämmern auf einem Raumschiff gefangen ist. Aber wo sich die Grundkonstruktion der Story in der Tat kaum von den drei vorherigen Filmen unterscheidet, treibt ihre Doppelrolle bei Rückzugsgefechten und Vorstößen zur eigenen Halbbrut den Film in originäre, metaphysische Ebenen. Verstörend die Sequenz, in der Ripley in einen erotischen Clinch mit der Alien-Queen glitscht; traumatisch der Moment, in dem sie begreift, wie brutal sie ihres Körpers beraubt wurde, als sie sieben gräuslich mißgestaltete Klone trifft. Es wird nicht das letzte Mal sein, daß sie einen Teil von sich töten muß, um ihren Lebenswillen wiederzufinden.

"Alien ­ Die Wiedergeburt" balanciert viele Stimmungswechsel aus, was die Handschrift des Regisseurs weniger prägnant macht, als es in dieser monolithischen Serie bisher der Fall war.

Dafür kann man verblüfft feststellen, daß Jeunet das Erbgut der ersten drei Filme gekreuzt hat, ohne eine sterile Fortsetzung aus dem Hollywood-Labor zu riskieren. Etliche Parallelen sind vor allem zu James Camerons Aliens zu entdecken, doch mit einer sagenhaften Unterwasserjagd inszeniert Jeunet sich bald in seine eigene Adrenalin-Liga. Und sogar der zermürbenden Religiosität von David Fincher zollt er Tribut, als einmal "Vater", das Nervenzentrum des Raumschiffs, angezapft wird, das sich in der Bordkirche befindet. Gott sitzt wieder da, wo er hingehört: im Computer.

Der Teufel steckt indes im Detail. So sehr spektakuläre Effekte, Scope und Dynamik dem "Alien" -Mythos zur Auferstehung verhelfen, so sehr wurde bei allen Nebenfiguren geschludert. Daß die Show Ripley und den Aliens gehört, ist auch ohne die resolute Co-Produzentin Sigourney Weaver gerechtfertigt. Aber mußte der Rest der Gang deshalb zum kalauernden Kanonenfutter gerinnen? Dem Zuschauer ist es egal, wieviele der mitstreitenden Weltraum-Piraten erlegt werden, da sie zu schwach integriert sind, um echte Anteilnahme zu erzeugen. Am undankbarsten ist das für Winona Ryder, die als menschelnder Android an aller Dramatik vorbeihuscht und deren Prominenz ihren Part weit übersteigt. Möge auch sie in Zukunft rehabilitiert werden. Denn Fortsetzung folgt. Unbedingt. 

Roland Huschke
 

Originaltitel: Alien Resurrection, USA 1997, 120 Min., Kamera: Darius Khondji, Regie: Jean-Pierre Jeunet

Darsteller/innen: Sigourney Weaver, Winona Ryder, Dominique Pinon, Ron Perlman, Dan Hedaya u.a.

Ein würdiges, wildes, gewagtes Sequel


 

 

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